Kommunales Selbstverwaltungsgesetz des Saarlandes (KSVG)
§ 71 Ortsrat
(1) Für jeden Gemeindebezirk ist ein Ortsrat zu bilden. Der Ortsrat besteht aus
den von den im Gemeindebezirk wohnhaften Bürgerinnen und Bürgern in
allgemeiner, gleicher, geheimer, unmittelbarer und freier Wahl gewählten
Mitgliedern.
(2) Die Zahl der Mitglieder der Ortsräte beträgt in Gemeindebezirken
bis zu 5000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 7 und höchstens 11,
mit mehr als 5000 bis zu 10000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 9 und höchstens
13,
mit mehr als 10000 bis zu 25000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 11 und
höchstens 15,
mit mehr als 25000 Einwohnerinnen und Einwohnern mindestens 15 und höchstens
21.
Die Einwohnerzahl der Gemeindebezirke ist von der Gemeinde nach den
melderechtlichen Vorschriften zu ermitteln; maßgebend ist die Einwohnerzahl am
Tage der letzten vorausgegangenen allgemeinen Kommunalwahlen. Die Zahl der
Ortsratsmitglieder ist in der Satzung nach § 70 Abs. 1 zu bestimmen, für ihre
Änderung gilt § 70 Abs. 2 entsprechend.
(3) Das Nähere über die Wahl und die Ergänzung des Ortsrates bestimmt das
Kommunalwahlgesetz.
§ 72 Amtszeit, Rechtsstellung
(1) Die Amtszeit des Ortsrates beträgt fünf Jahre; sie beginnt am fünfzehnten
Tag, der auf den Wahltag folgt, jedoch nicht vor Ablauf der Amtszeit des
bisherigen Ortsrates. Endet die Amtszeit des bisherigen Ortsrates vor dem fünfzehnten
auf den Tag der Wahl des neuen Ortsrates folgenden Tag, so verlängert sich die
Amtszeit bis zum Beginn der Amtszeit des neugewählten Ortsrates, längstens
jedoch um einen Monat. Die Amtszeit der Mitglieder des Ortsrates endet vorzeitig
mit der Niederlegung des Amtes oder mit dem Verlust der Wählbarkeit in den
Ortsrat.
(2) Die Mitglieder des Ortsrates können ihr Amt jederzeit niederlegen. Der Rücktritt
ist gegenüber der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister schriftlich zu erklären;
er ist unwiderruflich.
(3) Die Feststellung über den Verlust der Wählbarkeit und das Ausscheiden aus
dem Ortsrat trifft der Ortsrat.
(4) Die Mitglieder des Ortsrates sind ehrenamtlich tätig. Sie handeln nach
ihrer freien, nur durch die Rücksicht auf das Gemeinwohl bestimmten Gewissensüberzeugung.
Sie sind an Aufträge und Weisungen nicht gebunden. Die Vorschriften der
Gemeindeordnung über die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit mit Ausnahme
der §§ 24 und 25 sind entsprechend anzuwenden.
§ 73 Aufgaben des Ortsrates
(1) Der Ortsrat kann zu allen den Gemeindebezirk betreffenden Angelegenheiten
Vorschläge unterbreiten. Soweit die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister
nicht selbst zuständig ist, hat sie oder er die Vorschläge des Ortsrates dem
Gemeinderat oder dem zuständigen Ausschuß zur Beratung vorzulegen. Über das
Ergebnis der Beratung des Gemeinderates oder des Ausschusses ist der Ortsrat zu
unterrichten.
(2) Der Ortsrat ist in allen wichtigen Angelegenheiten, die den Gemeindebezirk
betreffen, ausgenommen in den Fällen des § 41 Abs. 3 Satz 4 und Abs. 5, vor
der Beschlußfassung des Gemeinderates oder seiner Ausschüsse zu hören. Dies
gilt insbesondere in folgenden Angelegenheiten:
1. Planung von Investitionsvorhaben im Gemeindebezirk,
2. Aufstellung, Änderung und Aufhebung des Flächennutzungsplans sowie von
Satzungen nach dem Baugesetzbuch, soweit sie sich auf den Gemeindebezirk
beziehen,
3. Aufstellung des Haushaltsplanes, soweit es sich um Ansätze für den
Gemeindebezirk handelt,
4. Planung, Errichtung, Übernahme, wesentliche Änderungen und Aufhebungen von
öffentlichen Einrichtungen im Gemeindebezirk,
5. Ausbau und Umbau von Straßen, Wegen und Plätzen im Gemeindebezirk,
6. Veräußerung, Vermietung und Verpachtung von Grundvermögen der Gemeinde im
Gemeindebezirk,
7. Änderung der Grenzen des Gemeindebezirkes,
8. Wahl, Benennung oder Vorschlag der für den Gemeindebezirk zuständigen
ehrenamtlich tätigen Personen, soweit nicht der Ortsrat nach Absatz 3, Satz 3
Nr. 10 selbst entscheidet.
Darüber hinaus soll der Ortsrat zu denjenigen Fragen Stellung nehmen, die ihm
vom Gemeinderat, einem Ausschuß oder von der Bürgermeisterin oder vom Bürgermeister
vorgelegt werden.
(3) Soweit nicht nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Gemeinderat ausschließlich
zuständig ist und soweit es sich nicht um Aufgaben handelt, die der Bürgermeisterin
oder dem Bürgermeister obliegen, entscheidet der Ortsrat in den nachstehend
genannten Angelegenheiten. Stellt der Gemeinderat für deren Erledigung Mittel
zur Verfügung, so sind diese gemeindebezirksbezogen im Haushaltsplan
auszuweisen und vom Ortsrat abschließend zu entscheiden. Diese Angelegenheiten
sind:
1. Unterhaltung, Ausstattung und Benutzung der im Gemeindebezirk gelegenen öffentlichen
Einrichtungen, wie Büchereien, Kindergärten, Kinderspielplätze,
Jugendbegegnungsstätten, Sportanlagen, Dorfgemeinschaftshäuser, Friedhöfe und
ähnliche soziale und kulturelle Einrichtungen, deren Bedeutung über den
Gemeindebezirk nicht hinausgeht, mit Ausnahme von Schulen,
2. Festlegung der Reihenfolge der Arbeiten zum Um- und Ausbau sowie zur
Unterhaltung und Instandsetzung von Straßen, Wegen und Plätzen, deren
Bedeutung über den Gemeindebezirk nicht hinausgeht, einschließlich der
Beleuchtungseinrichtungen,
3. Pflege des Ortsbildes sowie Unterhaltung und Ausgestaltung der örtlichen
Park- und Grünanlagen, deren Bedeutung nicht wesentlich über den
Gemeindebezirk hinausgeht,
4. Förderung von Vereinen, Verbänden und sonstigen Vereinigungen im
Gemeindebezirk,
5. Förderung und Durchführung von Veranstaltungen der Heimatpflege und des
Brauchtums im Gemeindebezirk,
6. Pflege vorhandener Patenschaften und Partnerschaften,
7. Durchführung von Gemeinschaftsveranstaltungen auf Gemeindebezirksebene,
8. Teilnahme an Dorfverschönerungswettbewerben,
9. Benennung von Straßen, Wegen und Plätzen im Gemeindebezirk mit der Maßgabe,
daß Doppelbenennungen innerhalb der Gemeinde unzulässig sind,
10. Wahl, Benennung oder Vorschlag von ehrenamtlich tätigen Personen, soweit
sich deren Ehrenamt auf den Gemeindebezirk beschränkt und der Gemeinde diese
Rechte zustehen.
Der Gemeinderat kann die Angelegenheiten im einzelnen abgrenzen und für die
Erledigung allgemeine Richtlinien erlassen. Umfang und Inhalt der
Entscheidungsbefugnisse können im Einzelfall abweichend geregelt werden; der
Beschluß bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der gesetzlichen Zahl der
Mitglieder des Gemeinderates.
(4) Der Gemeinderat kann dem Ortsrat allgemeine durch Satzung oder im Einzelfall
weitere bestimmte Angelegenheiten, die sich ohne Beeinträchtigung der
einheitlichen Entwicklung der gesamten Gemeinde innerhalb eines Gemeindebezirkes
erledigen lassen, zur Entscheidung übertragen. Ausgenommen sind die dem
Gemeinderat durch Rechtsvorschrift vorbehaltenen Aufgaben.
(5) Der Gemeinderat hat unter Beachtung der Belange der gesamten Gemeinde und
einer geordneten Haushaltswirtschaft die zur Erfüllung der Aufgaben der Ortsräte
und die Ortsvorsteherin oder der Ortsvorsteher erforderlichen Mittel zur Verfügung
zu stellen.
(6) Unterläßt es der Ortsrat, die im Rahmen der ihm nach den Absätzen 3 und 4
übertragenen Entscheidungsbefugnisse notwendigen Beschlüsse zu fassen, so kann
die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister anordnen, daß der Ortsrat
innerhalb einer bestimmten Frist das Erforderliche veranlaßt. Kommt der Ortsrat
der Anordnung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so entscheidet der
Gemeinderat an Stelle des Ortsrates.
§ 74 Anzuwendende Vorschriften
Für den Ortsrat gelten sinngemäß die Vorschriften der Gemeindeordnung über
1. Heilung von Verstößen gegen das Mitwirkungsverbot bei Interessenwiderstreit
(§ 27 Abs. 6),
2. Fraktionen (§ 30 Abs. 5),
3. Pflichten (§ 33 Abs. 1 und 2),
4. Sitzungszwang (§ 38),
5. Geschäftsordnung (§ 39),
6. Öffentlichkeit (§ 40) mit der Maßgabe, daß auch Angelegenheiten, die der
Gemeinderat, ein Ausschuß, die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister gegenüber
dem Ortsrat als vertraulich bezeichnen, unter Ausschluß der Öffentlichkeit zu
behandeln sind,
7. Einberufung und Tagesordnung (§ 41) mit der Maßgabe, daß
a) die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister die Einberufung des Ortsrates
verlangen kann und er sowie die Mitglieder des Gemeinderates jederzeit an den
Sitzungen teilnehmen können,
b) der Bürgermeisterin oder dem Bürgermeister auf Verlangen das Wort zu
erteilen ist,
c) die Einberufungsfrist bei nichtöffentlichen Sitzungen mindestens einen Tag
beträgt,
d) es bei nichtöffentlichen Sitzungen einer öffentlichen Bekanntmachung nicht
bedarf,
8. Aufgaben der oder des Vorsitzenden (§ 43),
9. Beschlußfähigkeit (§ 44) mit der Maßgabe, daß
a) mehr als die Hälfte der in der Satzung nach § 70 Abs. 1 festgelegten
Mitgliederzahl und
b) im Falle des § 44 Abs. 2 Satz 1 mindestens drei stimmberechtigte Mitglieder
anwesend sind,
10. Beschlußfassung (§ 45),
11. Wahlen (§ 46),
12. Niederschrift (§ 47) mit der Maßgabe, daß die Niederschrift von der oder
dem Vorsitzenden und der Schriftführerin oder dem Schriftführer zu
unterzeichnen ist,
13. Hinzuziehung von Personen zu den Sitzungen (§ 49 Abs. 3 und 4),
14. Entschädigung der Gemeinderatsmitglieder (§ 51) mit der Maßgabe, daß der
Gemeinderat den Grundbetrag und das Sitzungsgeld oder den Pauschbetrag
festsetzt,
15. vorzeitige Beendigung der Amtszeit bei Gebietsänderung (§ 52),
16. Auflösung des Gemeinderates (§ 53) mit der Maßgabe, daß die
Kommunalaufsichtsbehörde über die Auflösung des Ortsrates entscheidet,
17. Widerspruchs- und Vorlagepflicht bei rechtswidrigen Beschlüssen (§ 60) mit
der Maßgabe, daß nur die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister zum
Widerspruch
§ 75 Ortsvorsteherin, Ortsvorsteher
(1) In seiner ersten von der Bürgermeisterin oder vom Bürgermeister
einzuberufenden Sitzung wählt der Ortsrat aus seiner Mitte für die Dauer der
Amtszeit des Ortsrates eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden und deren oder
dessen Stellvertreterin oder Stellvertreter. Die Vorschriften des § 42 Abs. 2
und der § 65 bis § 67 finden entsprechende Anwendung.
(2) Die oder der Vorsitzende führt die Bezeichnung Ortsvorsteherin oder
Ortsvorsteher. Sie oder er ist Ehrenbeamtin oder Ehrenbeamter; auf ihre oder
seine Rechtsstellung finden § 30 Abs. 3 und 4 und § 31 Abs. 3 entsprechende
Anwendung.
(3) Die Ortsvorsteherin oder der Ortsvorsteher nimmt unter Berücksichtigung der
Stellungnahme des Ortsrates die Belange ihres oder seines Gemeindebezirks gegenüber
der Gemeinde wahr. Sie oder er ist berechtigt, an Sitzungen des Gemeinderates
oder seiner Ausschüsse teilzunehmen. In Angelegenheiten, die ihren oder seinen
Gemeindebezirk betreffen, ist ihr oder ihm auf Verlangen das Wort und Auskunft
zu erteilen.
(4) Der Ortsvorsteherin oder dem Ortsvorsteher obliegt die repräsentative
Vertretung des Gemeindebezirks. Sie oder er ist befugt, Anträge
entgegenzunehmen sowie amtliche Beglaubigungen und Lebensbescheinigungen
auszustellen. Der Gemeinderat kann ihr oder ihm zusätzliche Aufgaben durch
Satzung übertragen. Darüber hinaus kann sie oder er im Auftrag der Bürgermeisterin
oder des Bürgermeisters weitere Verwaltungsangelegenheiten wahrnehmen.
(5) Die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister hat mit den Ortsvorsteherinnen
und Ortsvorstehern in regelmäßigen Besprechungen wichtige Angelegenheiten der
Gemeinde und der Gemeindebezirke zu erörtern.
Quelle: http://www.jura.uni-sb.de/FB/LS/Grupp/Gesetze/ksvg.htm
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